Expertengruppe Fischereikontrolle
Expertengruppe Fischereikontrolle, Arbeitsgruppe für digitale Komponenten zum Monitoring und zur Fangaufzeichnung in der Kleinfischerei am 4. Und 5.12.2018 in Brüssel.
Bad Schwartau, 15.12. 2018
Wolfgang Albrecht
Sehr geehrte Frau Veits
Zunächst möchte ich Ihnen meinen besonderen Dank dafür aussprechen, dass mir als Mitglied im BSAC die Gelegenheit gegeben wurde, an dieser wichtigen Arbeitsgruppe teilzunehmen. Die Einbindung von möglichst vielen Praktikern in einen Entscheidungsprozess zur Novellierung der Kontrollverordnung, womit das Thema elektronische Überwachung und Erfassung von Daten untrennbar verbunden ist, sollte zu einer ausgewogenen und in der Praxis auch anwendbaren Verordnung führen. Allerdings sind mir und vielen anderen Teilnehmern der Veranstaltung einige Schwachpunkte in der Ausgestaltung der neuen Kontrollverordnung aufgefallen, die ich nachstehend gerne aufzeigen möchte, um im Detail Verbesserungen anzuregen.
Allgemeine Zusammenfassung
Die Absicht eine Kontrollverordnung zu erlassen, die ja auch die elektronische Erfassung und Übermittlung von Fangdaten umfasst-und die europaweit gelten soll, ist nur erreichbar unter Hinnahme erheblicher Kompromisse die an den unterschiedlichen
- klimatische Verhältnisse
- hydrologischen und biologischen Bedingungen
- Fangmethoden und die damit verbundnen Schiffsgrößen
angepasst sind, was naturgemäß die Umsetzung erschwert und damit die Wirkung vermindert. Dies ist sicherlich nicht in Ihrem Sinne und auch für die betroffenen Fischereibetriebe kein Vorteil.
Im Folgenden möchte ich zu einem geeigneten, durchführbaren und verhältnismäßigen Lösungsansatz meinen Beitrag aus der Sicht der Praxis nach mehr als 40 Jahren aktiver Fischerei auf eigenem Schiff, leisten.
Unterschiedliche Bedingungen
Klimatisch
Ostee Mittelmeer
Hydrologisch
Fangmethoden und die damit verbundenen Schiffsgrößen und hier besonders die Fischerei mit passiven Fanggeräten.
Risikoabschätzung
Bei der Beurteilung der nötigen Kontrollintensität ist die Fangintensität der entsprechenden Fahrzeuge wie in der geltenden KV, in Betracht zu ziehen.
Das zur Begründung des Handlungsbedarfes herangezogene zahlenmäßige Übergewicht der kleinen Fahrzeuge ist als Argument nur auf den ersten Blick geeignet.
Bei einer realistischen Betrachtung spielt nämlich nicht die Anzahl der Fahrzeuge die entscheidende Rolle, sondern deren Fangintensität.
Bei dem bei diesem Fahrzeug angewandten
Fangtechnik sind z.B. leicht 500 Kisten Dorsch
gleich 12,5 To. pro Tag möglich!
Dazu kommen die Rückwürfe durch eine zu
geringe Selektivität, die sich immer noch um die
20% Marke bewegen, sowie eine erhebliche
Belastung der Meeresumwelt.
Mit der gleichen Menge kann ein Betrieb
mit einem Fahrzeug dieser Größe
mindestens 2 Jahre auskömmlich
wirtschaften!
Oder: 200 Fahrzeuge dieser Größe
fangen an einem Seetag nicht mehr als
das oben abgebildete große Fahrzeug
der Schleppnetzfischerei.
Auch die Unterscheidung: "Unter 12 m" ist nicht wirklich geeignet, wenn der Zusatz: "mit passiven Fanggeräten", fehlt. Denn auch Fahrzeuge im Bereich von 10 bis 12 m Länge über alles, die aktive Fanggeräte einsetzen (können) sind hinsichtlich ihrer Fangintensität anders zu beurteilen, als solche, die nur passive Fanggeräte einsetzen. Dies gilt umso mehr für die Fahrzeuggruppe unter 8m Länge, die in ihrer Fangintensität aufgrund baulicher und technischer Möglichkeiten nochmals weit hinter die der größeren Fahrzeuge zurückfallen. ( siehe oben)
Kombiniert nur passive Fanggeräte
Ausrüstung mit elektronischen Geräten zur Überwachung der Fangtätigkeit.
Technische Voraussetzungen, Platzbedarf.
Fahrzeuge von 8 bis 10 Metern Länge sind hierfür mehrheitlich geeignet, da sie meistens über ein
Steuerhaus und eine elektrische Anlage mit Batterie und Lichtmaschine verfügen.
Aus vorstehenden Gründen ist daher eine gesonderte Betrachtung schon aus technischer
Sicht für die Fahrzeuggruppe unter acht Metern vorzunehmen.
Elektronische Übermittlung von Fangdaten von See aus.
Infrage kommt aus technischen Gründen, wie vorstehend geschildert daher nur eine Übermittlung per Mobiltelefon. ( z.B. MOFI )
Die gewonnenen Erfahrungen im Jahr 1017 bei der Anwendung zur Überwachung der 20 m Tiefenlinie bei einer Ausnahme von der Dorschschonzeit haben deutlich gezeigt, dass sich selbst bei der Übermittlung von den entsprechenden Plots schon erhebliche Bedienprobleme ergeben haben, obwohl sich die Bedienung hierfür lediglich auf zwei Knöpfe beschränkt, also sehr einfach gestaltet war.
Die viel umfangreichere Übermittlung von Fangdaten von See aus ist aus diesem Grunde nicht durchführbar.
Das Mobiltelefon ist, wenn es bei einem Fahrzeug ohne Ruderhaus den Betrieb auf See überleben soll, unter der wasserdichten Kleidung zu tragen. Schon das Hervorholen unter dieser stellt den Bediener vor eine große Herausforderung.
Die Bewegungen des Schiffes durch Seegang und überkommendes Spritzwasser kommen erschwerend hinzu.
(Abb. Samsung Galaxy A 5)
Die Eingabe von Fangdaten mit den gebräuchlichen Handschuhen in der kalten Jahreszeit, ist wie man auf dem Bild sehen kann nicht möglich und mit den kalten Händen, wenn man die Handschuhe auszieht, auch nicht.
Ich bitte daher dringend von einer Übermittlungsvorschrift von Fangdaten für die Fahrzeuggruppe unter 8 Metern von See aus Abstand zu nehmen.
Elektronische Wiegeeinrichtungen (3.4.)
Auch hier steckt der Teufel im Detail, weil zumindest hier an der Ostsee nicht an jedem kleinen Hafen eine Fischannahmestelle mit einer Wiegeeinrichtung vorhanden ist.
Dazu kommt die Strandfischerei, die auch noch eine gewisse Verbreitung hat.
Zur Abhilfe und für einen händelbaren Ablauf schlage ich daher vor, den Wiegevorgang, wie bisher üblich, durch den Fischer mit einer geeichten Waage am Anlandeort durchführen zu lassen um die Fangmengen festzustellen.
Verkäufe an die Endverbraucher
In der Begründung des Entwurfes der neuen KV findet sich unter der Nummer 39 folgender Satz:
"Beim Verkauf an den Endverbraucher ist die Rückverfolgbarkeit nicht anwendbar. Diese Die Vermarktungsart ist deshalb soweit wie möglich zurückzudrängen".
Dazu sei mir folgender Kommentar erlaubt:
Nachverfolgbarkeit:
1. Diese Begründung ist sachlich und fachlich nicht nachvollziehbar. Kauft ein Kunde im Geschäft X seinen Fisch, kann er wenn alle Vorschriften befolgt wurden und die Angaben richtig sind herausfinden, wo sein Fisch herkommt.
2. Kauft der gleiche Kunde seinen Fisch beim Fischer Y direkt am Kutter, weiß er von Anfang an wo sein Fisch herkommt. (Schiffsname, Fischereinummer)Da die Staatsmacht wohl kaum die Bratpfannen der Bürger kontrollieren will und kann läuft das Argument der fehlenden Rückverfolgbarkeit bei der Selbstvermarktung ins Leere.
Grundsätze für die Kontrolle der Vermarktung ( Art 56-66 )
Dieser Aspekt war in der Expertengruppe zwar nur indirekt ein Thema kann aus meiner Sicht der Vollständigkeit halber aber nicht unerwähnt bleiben.
Bei sinkenden Fangquoten ist die ortsgebundene Kleinfischerei mit passiven Fanggeräten, wenn sie überleben will, auf die Selbstvermarktung ihrer Fänge zu auskömmlichen Preisen angewiesen. Immer nach dem Motto: "Nicht Masse sondern Klasse"!
Die Kontrolle dieser Fänge hat sich durch die bisher angewandten Vorschriften, wie Monatsmeldung und Wiegeprotokoll bewährt und kann aus meiner Sicht im Rahmen der Risikoabschätzung aufgrund des Anteiles von durchschnittlich gerade einmal 3% an den europaweit getätigten Anlandungen beibehalten werden. Hierfür spricht auch der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und eine Kosten/Nutzenanalyse.
Ich hoffe, dass mein Beitrag zur Beleuchtung der unterschiedlichen Problemfelder der Kleinfischerei, vor allem der Fahrzeuge unter acht Metern Länge im Zusammenhang mit der Novellierung der KV beitragen kann und stehe für Detailfragen jederzeit gerne zur Verfügung.
♦ ♦ ♦
Wolfgang Albrecht, Mitglied im BSAC/EXCOM, Vorstandsmitglied L.I.F.E und erster Vorsitzender des Fischereischutzverbandes Schleswig-Holstein